NSTG - Aktiengesellschaft Norddeutsche Steingutfabrik in Bremen-Grohn

Am 2. Oktober des Jahres 1869 wurde von Vegesacker und Bremer Kaufleuten mit einem Kapital von 125 000 Reichstalern Courant (375 000 Reichsmark) eine Aktiengesellschaft gegründet, deren Zweckbestimmung in der Herstellung von feinkeramischem Haushaltsgeschirr lag. Direkt an der Weser gelegen, errichtete man im folgenden Jahr die Fabrikationsstätte, die aufgrund der Transporteinschränkungen durch den Deutsch-Französischen Krieg erst im Jahr 1871 die Produktion in vollem Umfang aufnehmen konnte. Im Jahr 1872 wurde das Aktienkapital um 25 000 Reichstaler auf 150 000 Reichstaler erhöht, was bei der günstigen Marktsituation eine Dividende von 9 Prozent brachte. Der gute Absatz der Waren ermöglichte eine stete Steigerung der Produktion, die im Jahr 1874, nach der Errichtung energiesparender Mendheim-Gasöfen, eine Erhöhung des Kapitals auf 300.000 Reichstaler nach sich zog. Ab 1879 senkten die feinkeramischen Betriebe der Rheinlande die Preise, um den stagnierenden Markt durch verstärkten Reiz zum Ankauf zu beleben. Zu dieser regionalen Konkurrenz kam die hohe englische Steingutfabrikation, die im Überangebot eine weitere Senkung der deutschen Inlandspreise nach sich zog. Trotz der Preisabsprache mit anderen Firmen ab dem Frühjahr 1883 war es der Norddeutschen Steingutfabrik in Grohn nicht möglich, die Verluste voll abzufangen; aus diesem Grund war sie gezwungen, sich ab dem Jahr 1886 auf die günstigere Herstellung von Leichtsteingut zum Export in Länder mit Gewichtszoll umzustellen.

Gegen Ende des Jahres 1889 wurden neben Haushaltsgeschirr auch Wandfliesen im Nasspressverfahren hergestellt, weil "dieser Artikel nur von wenigen Fabriken gefertigt und deshalb zu denjenigen gehört, deren Preis durch übermäßige Konkurrenz noch nicht gedrückt ist". Die Zunahme des Umsatzes entfiel laut dem Geschäftsbericht für das Jahr 1891 hauptsächlich auf die Produktion der Wandplatten, bei der sich eine lebhafte Nachfrage geltend machte. Bis zum Frühjahr 1894 verschlechterte sich die Produktion jedoch derart, dass die Verluste durch Zusammenlegung der 900 000 M-Aktien auf 548 000 M ausgeglichen werden mussten. Die neuen Produktionsverfahren, die man nach dem Wiederaufbau des abgebrannten Werks eingeführt hatte, sahen eine Trockenpressung der Fliesen vor. Nach zahlreichen Problemen und Anfangsversuchen konnte durch das rationellere Verfahren die Produktion von Wandfliesen auf 70 000 Stück pro Woche gesteigert werden, so dass das Unternehmen in die Lage versetzt wurde, entscheidende Marktanteile zu gewinnen. Mit der völligen Umstellung auf die Produktion von Wandfliesen ab dem Jahr 1891 war seit zehn Jahren wieder eine Dividende in Höhe von 6 Prozent auszuschütten. Die Senkung der Plattenstärke von 10 auf 6 mm hatte auf den Export der Ware einen nachhaltig positiven Einfluss, da der Gewichtszoll bei erhöhten Stückzahlen gleich blieb. So war es trotz hoher Zölle möglich, den Absatz in die Exportgebiete zu steigern. Während man das Rohmaterial per Schiff aus England bezogen hatte, stellte der mit dem Jahr 1902 alleinige Leiter Otto Freise ab 1904 die Rohstofflieferung auf Bahnfracht aus dem Rheinland um und erwarb darüber hinaus ein eigenes Sandlager in günstiger Nähe zur Fabrikationsstätte.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges lag auch die Actiengesellschaft Norddeutsche Steingutfabrik Grohn still und nahm erst um 1945 mit dem Abschluss notwendiger Umbaumaßnahmen die Produktion feinkeramischer Waren wieder auf, um dann, nach der Währungsreform, die Anlagen erneut für die Herstellung von Wandfliesen umzurüsten. Während das Tochterwerk II, die Grohner Wandplattenfabrik, und das Werk III, die Bremer Wandplattenfabrik mbH, in den Jahren 1948 und 1950 die Arbeit wieder aufnahmen, musste das Werk IV, die Steingutfabrik Witteburg AG, nach der Umstellung auf Bodenfliesen im Jahr 1949 durch die unrentable Produktion in den veralteten Anlagen im Jahr 1953 stillgelegt werden. Nach der Einführung der 45-Stunden-Woche im Mai des Jahres 1957 wurden im Folgejahr die drei Tochtergesellschaften auf die alleinige Gesellschafterin umgewandelt.